Kosten der Rechtsverfolgung – und wie man sie aufbringt

Die Prozessfinanzierung muss bei jedem Mandat mitbedacht werden, um den Mandanten zufrieden zu stellen. Rechtsstreite kosten Geld. Damit diese Binsenweisheit umsetzbar wird, können bei der Rechtsverfolgung verschiedene Quellen der Finanzierung genutzt werden:


1. Prozessfinanzierung durch den Gegner

Der beste Rechtsstreit ist natürlich der, den man gewinnt. Dann zahlt in aller Regel der Gegner die eigenen Prozesskosten.

Dazu kann jeder Fall schon am Anfang dadurch gesteuert werden, dass der Gegner durch angemessene Fristsetzung durch den Mandanten selbst in Verzug gesetzt wurde. Wie das geht – siehe nebenstehender Kasten „Zahlungsverzug„.

Aber keine Regel ohne Ausnahmen:

 

Was ist, wenn man gewinnt, aber der Gegner insolvent wird ?

Dann fällt die Gegenseite aus Finanzierungsquelle aus. Habe ich keine Alternative, muss ich selbst zahlen.

 

Was ist, wenn ich einen Vergleich schließe ?

Bei einem Vergleich werden die Rechtsverfolgungskosten meist mitgeregelt. Oft lässt sich der Gegner freiwillig nicht darauf ein, die fremden Kosten mitzubezahlen. Auch dann braucht es Alternativen.

 

Was ist im Arbeitsrecht ?

Im Arbeitsrecht gilt – anders als im sonstigen Zivilrecht – § 12 a ArbGG. Danach zahlt jede Seite ihre Rechtsverfolgungskosten selbst, unabhängig vom Obsiegen oder Unterliegen. Das gilt für vorgerichtliche Kosten und die Kosten bis zum Abschluss der ersten Instanz. Da arbeitsgerichtliche Streitigkeiten häufig verglichen werden, müssen daher die Kosten in einem Vergleich eingepreist werden, wenn nicht mehr als „Spesen“ herauskommen sollen.


2. Prozessfinanzierung durch Rechtsschutzversicherung

Ab wann gilt der Rechtsschutz ?

Eine Versicherungslösung kostet auch dann Geld, wenn sie nicht in Anspruch genommen wird. Wenn aber der Fall da ist, und kein Rechtsschutz unterhalten wurde, ist das Wehklagen groß: Rückwirkend versichern geht nicht, und die meisten Versicherungsbedingungen sehen eine 3monatige Wartezeit vor, in denen Rechtsschutzfälle trotz Beitragszahlung nicht gedeckt werden.

 

Zahlt die Rechtsschutzversicherung immer ?

Nein.

Es gibt häufig Enttäuschung bei rechtsschutzversicherten Mandanten über Risikoausschlüsse oder nicht mitversicherte Rechtsgebiete.

Beispiele:

 

– Arbeitsrechtliche Fälle werden nur übernommen, wenn Berufsrecht mitversichert ist. Das ist beileibe nicht automatisch der Fall.

– Für mietrechtliche Fälle muss die Wohnung, die vom Schutz umfasst sein soll, üblicherweise im Vertrag erwähnt sein. Gleiches gilt für Wohnungseigentum. (selbstgenutzte Wohneinheit) oder dann, wenn für vermietetes Eigentum Deckung erlangt werden soll.

– Bei sozialrechtlichen Fällen liegt der Teufel im Detail: Ist nur „Sozialgerichts-Rechtsschutz“ versichert, werden Kosten aus dem Antrags- oder Widerspruchsverfahren nicht übernommen. Sozialrechtsschutz geht weiter: Hier deckt die Versicherung bereits das Widerspruchsverfahren, und in Einzelfällen sogar auch schon das anwaltliche Eingreifen im Antragsverfahren, z.B. nach negativer Anhörung durch die Behörde.

– Selbstbeteiligung (SB): Ist eine SB vereinbart, werden die Kosten erst ab den darüber liegenden Summen übernommen. Die Vereinbarung spart aber bei der laufenden Beitragshöhe Jahr für Jahr Geld.

 

Zahlt die Versicherung bei Vergleichen ?

Ja, aber: Sie zahlt nur im Verhältnis von Obsiegen zu Unterliegen.

Beispiel: Bei einer Ausgangsforderung von 1000,00 € wird im Vergleichsweg 700,00 € gezahlt. Dann hat der Versicherte zu 70 % gewonnen. Die Versicherung trägt nur 30 % der Kosten. Den anderen Teil müsste bei einem Urteil der Gegner tragen. Wenn aber wie üblich vereinbart wurde, dass jede Seite ihre Kosten selbst trägt, bleibt ein ungedeckter Rest, der aus der Vergleichssumme als „Spesen“ in Abzug zu bringen ist.

Daher sollte die Versicherung vor Abschluss des Vergleichs vorher wegen der Kostenübernahme gefragt werden.


3. Beratungs- und Prozesskostenhilfe

berhpkh70Bedürftige Rechtssuchende haben Anspruch auf Beratungshilfe bei außergerichtlicher Anwaltstätigkeit und Prozesskostenhilfe vor Gericht.

Beratungs- und Prozesskostenhilfe ist keine Rechtsschutzversicherung !

Diese Finanzierungsmöglichkeiten setzen einen hohen bürokratischen Aufwand voraus, da der Staat vor Gewährung dieser Sozialleistungen die Bedürftigkeit genau prüft und Belege sehen will. Die Hilfsleistungen sind auch kein Geschenk, sondern werden normalerweise als Darlehen gewährt. Bessern sich die persönlichen und wirtschaftlichen Bedingungen nachträglich, kann der Staat die Hilfsleistung auch noch nach Jahren wieder zurück fordern.

Beispiele aus dem Arbeitsrecht:

– Der Rechtsstreit wird durch Vergleich beendet, der eine Abfindungsleistung beinhaltet. Führt diese Leistung zu erheblichem Vermögensaufwuchs, kann die Bedürftigkeit wegfallen.

– Nach dem Rechtsstreit findet der Arbeitnehmer nach einigen Monaten Arbeitslosigkeit wieder einen Job. Das Einkommen steigt und überschreitet die Grenzen der Bedürftigkeit.

– Nach dem Rechtsstreit findet das unterhaltsberechtigte Kind einen Ausbildungsplatz und hat eigenes Einkommen. Dadurch sinkt die eigene Bedürftigkeit nachträglich ab.


4. Gewerbliche Prozessfinanzierung

Verschiedene Unternehmen und Tochtergesellschaften von Rechtsschutzversicherern übernehmen bei vorheriger Vereinbarung die Prozesskosten. Hier werden die Prozessaussichten vorher durch den Finanzierer besonders penibel geprüft. Denn auch diese Geldquelle ist nicht umsonst: Der Finanzierer trägt die Kostenrisiken nur gegen eine vorher vereinbarte Erfolgsbeteiligung.

Verzug – wie geht das ?

Eine gute Verhandlungsposition bei der Prozessfinanzierung bekommt man durch durchdachte Strategie: Wer gleich losschießt, sitzt bei den Prozesskosten häufig nicht am langen Hebel.

Der Gegner muss zur Hauptsache zusätzlich auch Schadensersatz durch Übernahme der Kosten tragen, wenn er mit der Hauptleistung im Verzug ist.

Verzugsauslösung durch nachweisbare Mahnung

Dieser tritt aber nicht schon automatisch ein, wenn der Anspruch gegeben ist. In aller Regel bedarf es einer vorherigen Mahnung. Wenn der Anwalt die erste Leistungsaufforderung bereits selbst schreibt, löst er damit die Kosten der Rechtsverfolgung schon aus, ohne dass schon Verzug gegeben war.

Wem es auf die spätere Einholung der Kosten beim Gegner ankommt (z.B. weil keine Rechtsschutzversicherung eintritt oder keine Beratungs- oder Prozesskostenhilfe verfügbar sein wird), wird den Gegner damit unter angemessener Nachfrist zur Leistung auffordern.

Wichtig ist dabei, den Zugang der Mahnung nachweisen zu können.

Eine preiswerte und gleichzeitig sichere Möglichkeit ist die Zustellung per Boten in den Briefkasten des Gegners. Bote kann jeder sein, der den Anspruch später nicht geltend macht.

 

Wann ist die Mahnung entbehrlich ?

In bestimmten Fällen braucht es die Mahnung nicht. Hauptanwendungsfälle sind:

 

– Kalendermäßige Fälligkeit, Beispiel: Monatliche Mietzahlung ist zum 3. Werktag des Monats im Voraus fällig

– ernsthafte und endgültige Weigerung des Gegners

– (nachweisbarer) Zugang einer Rechnung / gleichwertige Zahlungsaufforderung und Ablauf von 30 Tagen (im Geschäftsverkehr Unternehmer an Verbraucher / B2C mit entsprechendem Hinweist)