Wer sich beim Vorgehen gegen die andere Vertragspartei der Lüge bedient, gefährdet sein Vertragsverhältnis. Das zeigen neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Landgerichts Bonn in zwei Fällen.

Im Fall des BGH (Urteil vom 25.10.2023, Az.: VIII ZR 147 / 22) hatte der Vermieter bereits gekündigt. Während des laufenden Räumungsverfahrens schob der Vermieter eine weitere Kündigung nach.

Die Kündigung war auf eine Behauptung der Mieterseite gestützt, die sich hinterher als falsch erwies. Zu Protokoll des Amtsgerichts hatte der Mieter erklärt:

„Aus unserer Perspektive geht es gar nicht um den Hund. Wir haben vielmehr das Gefühl, dass wir aus dem Haus herausgemobbt werden sollen. Wir werden auch von dem Hausverwalter beleidigt mit Worten wie ‘Scheiß Ausländer‘ und ‘Assis‘. Ich habe ein Gespräch der Eigentümerin zufällig mitbekommen, aus dem sich ergibt, dass das Haus verkauft werden soll. Der Käufer hat jedoch gesagt, dass ein Verkauf des Hauses nur dann in Betracht kommt, wenn alle Mieter aus dem Haus ausgezogen sind.“

Insbesondere zum Inhalt des angeblich mit gehörten Gespräches entgegnete der klagende Vermieter, dies sei „frei erfunden“. Darauf reagierte die Mieterseite dann aber nicht mehr mit weiteren Darlegungen.

Der BGH wertete daher die bestrittenen Angaben mangels weiterer Angaben als zugestandenermaßen falsch.

Und trotzdem reichte es in dem Fall noch nicht für eine Kündigung. Denn:

„Die schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zu 2 könnte zum einen dann in einem milderen Licht erscheinen, wenn das unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten zuträfe, wonach sie in der Vergangenheit – mithin vor der Anhörung der Beklagten durch das Amtsgericht – von dem Hausverwalter der Klägerin schwer beleidigt worden sein solle.“

Und weiter:

„Dem Fehlverhalten des Beklagten zu 2 könnte zum anderen auch dann ein geringeres Gewicht beizumessen sein, wenn es der Abwehr einer unberechtigten Kündigung durch die Klägerin gedient haben sollte, weil es dann die Folge einer ihrerseits begangenen Vertragsverletzung wäre.“

Somit verwies der BGH die Angelegenheit an das zweitinstanzlich vorgehende Landgericht Berlin zurück. Das Berufungsgericht muss nun erst zwei Sachverhalte prüfen. Wenn es schwere Beleidigungen des Hausverwalters gegeben hat, ist die nachfolgende Lüge des Mieters weniger schwerwiegend. Auch wenn die vorherige Kündigung des Vermieters unwirksam war, erscheint die Lüge als zweitrangig, wenn es ein Versuch war, der wirkungslosen Kündigung zu entgehen.

Die Leitsätze des BGH dazu lauten:

a) Ob das Aufstellen bewusst unwahrer Tatsachenbehauptungen durch den Mieter innerhalb eines Rechtsstreits mit seinem Vermieter eine die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB rechtfertigende Pflichtverletzung darstellt, ist anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
b) Dabei ist zum einen die Bedeutung und Tragweite der unwahren Behauptung des Mieters unter Berücksichtigung des gegebenen Sinnzusammenhangs zu bewerten. In die gebotene Würdigung ist zum anderen in der Regel ein vorangegangenes vertragswidriges Verhalten des Vermieters einzubeziehen (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2014 – VIII ZR 289/13, NJW 2014, 2566 Rn. 14). So ist etwa zu berücksichtigen, ob das unredliche Prozessverhalten des Mieters der Abwehr einer unberechtigten Kündigung des Vermieters dienen sollte (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1985 – VIII ZR 33/85, WuM 1986, 60 unter II 1 [zur fristlosen Kündigung eines Pacht-
verhältnisses nach § 554a BGB aF]).

 

Lüge im Fall des LG Bonn führt zur wirksamen Kündigung

In Mehrfamilienhäusern lohnt es sich, bei Störungen durch Nachbarn Protokoll zu schreiben. Was aber, wenn der Mieter nachweislich übers Ziel hinaus geht und falsche Angaben macht ? Nach einer Entscheidung des LG Bonn (Beschluss vom 19.04.2023 – 6 T /23) kann eine Lüge durch Protokollangaben zur Kündigung durch den Vermieter führen.

Denn durch die wahrheitswidrigen Angaben sollte der nicht nur der  Vermieter dazu veranlasst werden, gegen den Nachbarn vorzugehen. Der Mieter verleitete auch andere Nachbarn dazu, die – falschen – Protokolle zu unterschreiben.

Dadurch sah das LG Bonn das ohnehin schon vorbelastete Vertrauensverhältnis als so erschüttert an, dass es die fristlose Kündigung sogar ohne vorherige Abmahnung durchgehen ließ.

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