Eine Türnische erscheint auf den ersten Blick als unbedeutender Teil einer Wohnung. Trotzdem kann eine solche Fläche fallentscheidend sein, wenn es um Fächenabweichungen im Mietrecht geht. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung  des BGH (Urteil v. 27.09.2023 – Az.: VIII ZR 117/22).  In dem Fall bestand die relevante Weichenstellung in der Beurteilung von zwei Wanddurchbrüchen. Diese wiesen Flächen von je 0,1 qm auf.

Ohne Berücksichtigung der Fläche der Durchbrüche ergab sich als tatsächliche Wohnfläche statt der vom Berufungsgericht
angenommenen 43,38 m² lediglich 43,18 m² und war damit um 10,04 % geringer als die vereinbarte Wohnfläche (48 m²).

Der Vermieter wollte diese Durchgänge als Flächen mitberücksichtigt haben.

Nachdem der Mieter 1.812,64 € von der Miete einbehielt, kündigte der Vermieter wegen Zahlungsverzugs. Seine Räumungsklage war in zwei Instanzen erfolgreich. Der Mieter blieb aber hartnäckig und erhob Revision. Letztinstanzlich blieb der Vermieter mit der Klage erfolglos.

Im Ergebnis kam der BGH dadurch zu einer Flächenabweichung von 10,04 % von der im Vertrag angegebenen Fläche.

Zum Hintergrund: Wenn die tatsächliche Fläche mehr als 10 % von der vertraglichen Angabe abweicht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ein Mietmangel vor. Unterhalb von 10 % lässt der BGH Spielraum. Konsequenterweise sieht der BGH in der neuen Entscheidung dann aber keinen Grund für mehr Toleranz: 10,04 % sind eben mehr als 10 %. Das gilt seit langem auch für Verträge mit „ca.“ – Angaben:

„Nach der Rechtsprechung des Senats ist die in einem Wohnraummietvertrag angegebene Wohnfläche auch bei einer „ca.“-Angabe regelmäßig zugleich als dahingehende vertragliche Festlegung der Soll-Beschaffenheit der Mietsache im Sinn einer Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 17. April 2019 – VIII ZR 33/18, NJW 2019, 2464 Rn. 34; vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09, NJW 2010, 1745 Rn. 8; vom 24. März 2004 – VI II ZR 133/03, NZM 2004, 456 unter II; Senatsbeschluss vom 22. Juni 2021 – VIII ZR 26/20, NZM 2021, 759 Rn. 9).“

Türnische hat keinen eigenen Wohnwert

Und diese Flächeabweichung kam dadurch zustande, dass die Türnischen als Wohnfläche nicht mitzählten. Also waren ohne diese noch weniger Wohnfläche vorhanden, als ohnehin schon eine Abweichung vom Vertrag gegeben war.

Der BGH wendete die Berechnungsvorgaben des preisgebundenen Wohnungsbaus an. Hier gilt die Wohnflächenverordnung (WFlV) Im sogenannten preisfreien (nicht geförderten) Wohnungsmarkt gibt es keine zwingenden Vorschriften zur Flächenberechnung. Da die Parteien nichts anderes vereinbart hatten, kam der BGH zu einer analogen Anwendung.  Die WFlV definiert eine Türnische als Öffnung in einer Wand, die den Durchgang ermöglicht. Nicht entscheidend ist, ob eine Tür oder ein Türrahmen vorhanden ist.

Nach der WFlV weist eine solche Durchgangsfläche keinen eigenen Wohnwert auf. Die Türnische zählt also nicht mit.

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