Eine neue Entscheidung zum Inflationsausgleich bringt Klarheit: Im Arbeitsrecht gilt zwar der Grundsatz der Gleichbehandlung. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Wenn sachliche Gründe für die Differenzierung sprechen, dürfen Arbeitnehmer bei einer Leistung des Arbeitgebers unterschiedlich behandelt werden. Das zeigt eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Paderborn (Urt. v. 06.07.2023, Az. 1 Ca 54 / 23).
Die beklagte Arbeitgeberseite leistete eine Inflationsausgleichsprämie von 1.000 € an die Beschäftigten. Die Leistung erhielten aber nur solche Mitarbeiter, die im Geschäftsjahr 2022 auf Sonderzahlungen verzichtet hatten. Dieser Verzicht war mit Rücksicht auf die Belastungen des Unternehmens in der Corona-Pandemie freiwillig erfolgt.
Die Klägerin hingegen hatte auf ihrer Sonderzahlung bestanden und diese erfolgreich eingeklagt. Nun wollte sie außerdem auch noch den Inflationsausgleich. Se berief sich auf die Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung und sah sich aufgrund der vorher erfolgreichen Klage rechtswidrig gemaßregelt.
BAG: Abgestufte Darlegungs- und Beweislast
Das Bundesarbeitsgericht löst Diskriminierungsfälle insbesondere in Entgeltstreitigkeiten nach einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast. In der Entscheidung vom 12.10.2022 ( Az.5 AZR 135/22) heißt es dazu – mit weiteren Nachweisen:
„Die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt grundsätzlich beim anspruchstellenden Arbeitnehmer. Nach den allgemeinen Regeln der Normenbegünstigung hat er die Voraussetzungen des Anspruchs auf Gleichbehandlung darzulegen und daher vergleichbare Arbeitnehmer zu nennen, die ihm gegenüber vorteilhaft behandelt werden. Ist dies erfolgt, muss der Arbeitgeber – wenn er anderer Auffassung ist – darlegen, wie groß der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört (BAG 22. Januar 2009 – 8 AZR 808/07 – Rn. 37; 29. September 2004 – 5 AZR 43/04 – zu II 3 a der Gründe; Staudinger/Richardi/Fischinger [2020] § 611a Rn. 1044; ErfK/Preis 22. Aufl. BGB § 611a Rn. 605). Der Arbeitgeber hat die nicht ohne Weiteres erkennbaren Gründe für die von ihm vorgenommene Differenzierung offenzulegen und jedenfalls im Rechtsstreit mit einem benachteiligten Arbeitnehmer so substantiiert darzutun, dass durch das Gericht beurteilt werden kann, ob die Gruppenbildung auf sachlichen Kriterien beruht (BAG 12. August 2014 – 3 AZR 764/12 – Rn. 27; 15. Januar 2013 – 3 AZR 169/10 – Rn. 30, BAGE 144, 160).“
Diese Stufe überwand die Klägerin bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts Paderborn noch.
Gebot der Gleichbehandlung bei sachlicher Differenzierung beim Inflationsausgleich nicht verletzt
Allerdings billigte das Arbeitsgericht der beklagten Arbeitgeberseite nachvollziehbare sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung zu. Das Arbeitsgericht gab der Arbeitgeberseite trotz der Ungleichbehandlung recht.
Verboten sei nur die Ungleichbehandlung aus unsachlichen oder sachfremden Gründen. Diese lägen hier nicht vor. Denn es sei nach sachlichen Kriterien unterschieden worden. Es gäbe als weiteren Zweck die Angleichung der Arbeitsbedingungen, infolge des vorherigen Verzichts. Die Besserstellung der Kollegen sei gerechtfertigt, weil diese aufgrund des Verzichts zuvor Nachteile hingenommen hätten. Diesen Nachteil hatte die Klägerin nicht. Demnach liege auch keine unzulässige Maßregelung nach § 612 a BGB vor.