Beim Auffahrunfall herrscht ein auf den ersten Blick einfacher Beweisgrundsatz: Wer hinten auffährt, ist schuld. Aber kein Grundsatz ohne Ausnahme. Den sogenannten Anscheinsbeweis kann widerlegen, wer einen Unfallhergang vorträgt, der gegen den typischen Ablauf eines Auffahrunfalls spricht.

Die Frage lautet dann aber: Wer muss diesen untypischen Hergang beweisen ?

Der BGH hat diese Frage mit Urteil vom 13.12.2016 – Az. VI ZR 32/16 – zu Lasten des Auffahrenden entschieden.

Danach gilt:

Wenn das Auffahren als solches unstreitig oder bewiesen ist, streitet der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden. Dann geht man davon aus, dass entweder der erforderliche Sicherheitsabstand nicht eingehalten wurde oder eine unangepasste Geschwindigkeit vorgelegen hat.

Wenn dieser z.B. einen abrupten Spurwechsel des Unfallgegners behauptet, den der Vorausfahrende bestreitet, muss der Auffahrende beweisen, dass dieser Spurwechsel vorgelegen hat. Dann liegt kein typischer für einen Auffahrunfall sprechender Geschehensablauf mehr vor. Kann der Auffahrende das nicht beweisen, bleibt es beim Anscheinsbeweis gegen ihn.

Der BGH stellt somit klar: Den Vorausfahrenden trifft zunächst keine Beweislast, wenn das Kerngeschehen “ Auffahrunfall “ bewiesen ist.

Abscheinsbeweis nicht nachweislich widerlegt – Klageabweisung beim Auffahrunfall

Im Fall hatte eine Motorradfahrerin das Auffahren eingeräumt. Zur Entlastung hatte sie vorgetragen, das vorausfahrende Gespann (Kastenwagen mit Anhänger) sei abrupt abgebremst und von der Überholspur der Autobahn auf die rechte Fahrspur gewechselt. Nur deshalb habe sie den Auffahrunfall nicht vermeiden können.

Verklagt hatte sie den Entschädigungsfonds nach § 12 PflVG, da das Gespann nicht ermittelt werden konnte. Es gab also nicht einmal einen feststellbaren Unfallgegner, der das ihm zur Last gelegte Geschehen hätte einräumen können. Auch andere Zeugen waren nicht greifbar.

Somit war die Klägerin in allen Instanzen bis hinauf zum BGH nicht erfolgreich.

 

Kommentare sind deaktiviert.