Der Widerrufsvorbehalt, sogenannte „freiwillige“ Leistungen einseitig zurückzunehmen, hat in der Arbeitswelt weite Verbreitung gefunden. Das Bundesarbeitsgericht setzt dem Widerruf von vereinbarten Leistungen mit Entscheidung vom 24.01.2017 erneut enge Grenzen. Es legt bei der Zulässigkeit gleich zwei Kontrollraster als Hürden vor: Die sogenannte Inhaltskontrolle (Prüfung der Widerrufsvorbehalt – Klausel als solcher) und die sogenannte Ausübungskontrolle (entspricht der Widerruf im konkreten Fall billigem Ermessen). Erst wenn der Arbeitgeber diese überwindet, darf er einseitig die Vergütung kürzen.
In dem Fall des Gerichts (BAG, Urteil vom 24.01.2017, Az 1 AZR 774/14) stritten die Parteien um Weihnachtsgeld. Der Arbeitgeber behielt sich im Vertrag bei einer „wirtschaftlichen Notlage“ den Widerruf vor.
Durch Widerrufsvorbehalt soll eine Vertragspartei das Recht haben, von den Vereinbarungen einseitig abzuweichen. Damit wird der Grundsatz, dass einmal geschlossene Verträge unverändert einzuhalten sind, aufgebrochen.
Das BAG stellt klar, dass das nur in Ausnahmefällen zulässig sein kann. Die Notlage meint wirtschaftliche Schwierigkeiten bei dem konkreten Unternehmen des Arbeitgebers. Problematisch wäre eine Erweiterung auf einen Gesellschafter, einen Einzelbetrieb oder den Gesamtkonzern.
Die Klausel ist dann wirksam, wenn der Widerruf zum Wegfall von nicht mehr als 25 % des Gesamtverdienstes führen kann. Es kann ausnahmsweise auch eine Grenze von 30 % angenommen werden: Wenn es sich um Leistungen handelt, die bei bestimmten Gratifikationsregelungen nicht von der Arbeitsleistung abhängen (nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen). Das Gericht stellte fest, dass diese Grenzen hier nicht im Ansatz betroffen waren.
Das BAG sah auch bei der Ausübungskontrolle kein Problem. Denn es drohte tatsächlich eine Insolvenz. Daher brauchte auch nicht etwa eine Ankündigungsfrist oder Auslauffrist gewahrt werden. Denn wenn der Arbeitgeber die Weihnachtsgeldzahlungen erst im darauf folgenden Jahr hätte wegfallen lassen, hätte das den Bestand des Unternehmens gefährdet.
Kontrollmaßstäbe beim Widerrufsvorbehalt einhalten
Will der Arbeitgeber wirksam Leistungen widerruflich gestalten, muss er darauf achten, dass
- die Widerrufsgründe möglichst beispielhaft konkretisiert werden
- die 25% / 30% – Grenzen im theorerisch denkbaren Fall nicht überschritten werden
- im Einzelfall geprüft wird, ob der Widerruf der Leistungen mit einer Ankündigungsfrist als milderes Mittel verbunden werden kann