Wer ab 01.01.2015 Neueinstellungen vorgenommen hat, sollte eine Ausschlussfrist in seinem Arbeitsvertrag prüfen: Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 18.09.2018 klargestellt, dass nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes Ansprüche auf Mindestlohn unverfallbar sind (BAG – Urt. v. 18.09.2018 – 9 AZR 162/18).
Der Heppenheimer Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Dietrich warnt: Diese zunächst wenig überraschende Erkenntnis birgt auf den zweiten Blick erheblichen Sprengstoff. Wird die Verfallklausel formularartig verwendet ist sie eine allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Enthält sie keine Bereichsausnahme für Ansprüche aus dem MiLoG, ist sie nach BAG insgesamt unwirksam. D.h. es sind dann nicht nur Ansprüche aus dem MiLoG unverfallbar. Vielmehr sind eben auch die Ansprüche betroffen, die über das gesetzliche Mindestniveau hinaus gehen.
Die Folgen können beträchtlich sein: Sind beispielsweise über mehrere Jahre nicht vergütete oder in Freizeit ausgeglichene Überstunden aufgelaufen, unterliegen diese nur der regelmäßigen 3jährigen Verjährung. So kann sich schnell erhebliches Streitpotenzial aufsummieren. Bei einem wirksamen Verfall nach schon 3 Monaten wäre das Risiko begrenzt: Bei dieser üblichen Verfallregelung wäre kein Streit oder nur ein Bruchteil hieraus überhaupt noch diskutabel.
Die Unwirksamkeit der Ausschlussfrist wendet sich gegen den Arbeitgeber als Verwender des Formularvertrags nicht nur bei Überstunden. Sondern es sind jegliche Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis betroffen. Im Fall ging es um Urlaubsabgeltung. Es können aber auch andere Ansprüche betroffen sein, wie etwa: Falsch berechnete Arbeitsvergütung, Provisionen, Prämien, Sachbezüge oder auch Ansprüche aus betrieblicher Altersvorsorge bzw vermögenswirksame Leistungen.
Umgekehrt muss sich der Arbeitgeber bei einer unwirksamen Klausel als Verwender an deren Wirksamkeit festhalten lassen: Wenn er selbst Geld vom Arbeitnehmer will, gilt die Klausel gegen ihn. Hat er zum Beispiel eine Überzahlung geleistet oder ein Arbeitgeberdarlehen nicht rechtzeitig zurück gefordert, ist der Anspruch verfallen. Der Fehler in der Klausel wirkt sich somit nur zum Vorteil des Arbeitnehmers, nicht aber zu dessen Nachteil aus.
Überprüfung der Ausschlussfrist bei Verträgen ab 2015 sinnvoll
Rechtsanwalt Dietrich empfiehlt: Bei Neueinstellungen seit 2015 sollten die Klauseln noch einmal überprüft werden. Stellt sich die Klausel als fehlerhaft heraus, sollte mit den Arbeitnehmern Nachtragsvereinbarungen getroffen werden. Diese sollten die MiLoG – Ansprüche von der Reichweite der Ausschlussfrist ausnehmen.