Steht bei einem Badeunfall eine Verletzung der Aufsichtspflicht zwar fest, ist der weitere Verlauf trotzdem häufig schwer zu rekonstruieren. Es muss festgestellt werden, wie lange es bei pflichtgemäßem Verhalten gedauert hätte, die verunfallte Person zu retten. Zu klären ist auch, ob bei Einhaltung dieser Zeit  Gesundheitsschäden vermieden worden wären.

Der Bundesgerichtshof hat in Anlehnung an die Grundsätze im Arzthaftungsrecht eine Beweislastumkehr auch für Fälle der Schwimmbadaufsicht angenommen (Urteil vom 23. November 2017 – III ZR 60/16).

Bei Fällen grober Fahrlässigkeit dreht sich die Beweislast zu Lasten des Schädigers um: Bei der Schwimmbadaufsicht ( Badeunfall ) wie beim Arzthaftungsrecht ist der Schutz von Leben und Gesundheit betroffen. In beiden Gebieten liegen aufgrund der komplexen, im Nachhinein nicht mehr exakt rekonstruierbaren Vorgänge im menschlichen Organismus erhebliche Aufklärungserschwernisse vor. Für den Fall einer groben Pflichtverletzung soll dem Geschädigten die regelmäßige Beweislastverteilung nicht mehr zuzumuten sein.

D.h. dann muss der Schädiger beweisen, dass auch bei pflichtgemäßem Handeln der Schaden ebenso eingetreten wäre. Die entscheidende Weichenstellung des jeweiligen Falls erfolgt daher bereits bei Feststellung, ob eine grobe Pflichtverletzung vorliegt.

Pflichten der Schwimmbadaufsicht beim Badeunfall

Der BGH stellt dazu klar:

Die Schwimm- und Badeaufsicht muss

  • den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser fortlaufend beobachten.
  • mit regelmäßigen Kontrollblicken den Badebetrieb daraufhin zu überwachen, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten.
  • den Beobachtungsort so wählen, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht werden kann, was gegebenenfalls häufigere Standortwechsel erfordert.
  • in Notfällen für rasche und wirksame Hilfeleistung sorgen.

In dem konkreten Fall hat der BGH die klageabweisende Vorinstanz aufgehoben. Das Berufungsgericht wurde zu weiteren Feststellungen angehalten.

Der Badeunfall liefwie folgt ab: Die Aufsichtsperson hate sich zunächst nicht selbst um Aufklärung von einem Verdacht auf Badeunfall in dem Naturbad gekümmert. Ein in den Gefahrenbereich der verdächtig abgesenkten Boje geschicktes Kind konnte nur „etwas glitschiges“ feststellen. Dann holte der Bademeister seine Schwimmbrille im Gerätehaus und fand erst dann die leblose Klägerin vor. Diese konnte zwar reanimiert werden. Sie erlitt aber schwere Hirnschäden und lebenslange Pflegebedürftigkeit. Umstritten blieb bis zuletzt, ob die eingetretene 3minütige Verzögerung entscheidend war.

Sollte das Berufungsgericht das nach den Vorgaben des BGH als groben Aufsichtsfehler ansehen, wird die damit verzögerte Hilfeleistung nur dann als nicht ursächlich für die Gesundheitsschäden anzusehen sein, wenn die beklagte Gemeinde nachweisen kann, dass die Schäden auch bei pflichtgemäßem sofortigen Einschreiten eingetreten wären. Dass dieser Nachweis nur schwer geführt werden kann, liegt klar auf der Hand.

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