Sogenannter “ Kinderlärm “ ist in Mehrfamilienhäusern auch in der Ruhezeit an der Tagesordnung. Vielfach geht die Meinung um, dass dieser immer und uneingeschränkt hinzunehmen sei. Das stimmt so allerdings nicht. Die Rechtsprechung stellt in verschiedenen Entscheidungen klar, dass selbst Kinderlärm nicht uneingeschränkt hingenommen werden muss. Dies unterstreicht auch eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 30.07.2021 (Az. 65 S 104/21):

In dem Beschlussverfahren lehnte das LG Berlin ein Prozesskostenhilfegesuch der beklagten Mieter für die Berufung ab. Erstinstanzlich waren diese zur Räumung ihrer Mietwohnung verurteilt worden. Der Vorwurf war, dass trotz Abmahnung in einem längeren Zeitraum (Oktober 2018 bis März 2019) ruhestörender Lärm aus der Wohnung der Beklagten ausgegangen sei. Mit dem Einwand, es habe sich „nur“ um Kindergeschrei gehandelt, wurden die Beklagten nicht gehört. Denn der Kinderlärm erfolgte nachweisbar auch nach 22 Uhr. Diese Nachtzeit bezeichnet man auch als Ruhezeit. Selbst wenn durch § 22 Bundesimmissionsschutzgesetz von Kindern ausgehender Lärm privilegiert werde, führe das nicht zur Außerkraftsetzung der Ruhezeit. Wenn wie im Fall in der Ruhezeit die Erwachsenen nicht auf die Kinder einwirkten und diese schlafen legten, liege ein nicht unerheblicher Vertragsverstoß vor. Dieser berechtige nach Abmahnung jedenfalls zur ordentlichen Kündigung.

Lärm in der Ruhezeit schon nach BGH nicht schrankenlos hinzunehmen

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin liegt nicht ganz auf der Linie des BGH. Dieser hat 2017 (BGH vom 22.8.2017 – VIII ZR 226/16) den eigentlichen Kinderlärm auch in der Ruhezeit womöglich noch als hinnehmbar angesehen. Allerdings schrie der Erziehungsberechtigte seinerseits wohl so laut auf die Kinder ein. Dadurch handelte es sich dann eben auch um Erwachsenen-Lärm. Die Störungen im BGH-Fall hatte die Mieterin teilweise in detailliert protokolliert und darauf eine 50%ige Minderung gestützt. Sie gab unter Angabe der jeweiligen Zeiten an:

  • „Lautes Hin- und Herrennen, Poltern, Stampfen, Herumtrampeln“
  • „Springen auf Boden“
  • „laute Sprache“, „
  • Vater brüllt, Kind schreit“ .

Der BGH hob das klageabweisende Landgerichtsurteil auf und verwies den Rechtsstreit dorthin zurück. Die Begründung: Das Landgericht hätte den Beanstandungen der Mieterin eingehender nachgehen müssen. Die geschilderten Einwirkungen hätte das Landgericht nicht ohne Weiteres als sozialadäquat einstufen dürfen.

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