Die sogenannte Prozessbeschäftigung kann als ein vorläufiger Zustand bei unsicheren Kündigungen vereinbart werden. Oder aber, es kommt nach erstinstanzlichem Erfolg mit der Kündigungsschutzklage auf entsprechenden Antrag zur zwangsweisen Weiterbeschäftigung. Das gilt aber nur bis zum rechtskräftigem Abschluss des Kündigungsschutzverfahren. In den Instanzen kann sich der Wind gelegentlich auch einmal drehen. Wer in der ersten Runde gewonnen hat, ist manchmal am Ende trotzdem nur zweiter Sieger.

Dies geschah auch im Verfahren des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 27.5.2020, 5 AZR 247/19: Der Kläger erreichte nach Ablauf der Kündigungsfrist nach erster Instanz zur Anwendung der Zwangsvollstreckung vorläufig seine Weiterbeschäftigung. Am Ende stellte sich die Kündigung dann aber doch als wirksam heraus. In diesem Fall erfolgte das nicht durch Urteil, sondern durch Vergleich. Die Parteien einigten sich vor dem LAG Hamm 2018 (unter anderem) darauf, dass das Arbeitsverhältnis eben doch zum 30. September 2015 geendet hat. Bis dahin hatte der Kläger weiter gearbeitet, war aber eben auch zwischenzeitlich krank. Hierfür verlangte er – abzüglich Krankengeldzahlung – Entgeltfortzahlung und auch Feiertagsvergütung mit über 5.000 € brutto.

Den Parteien stritten dann in einem Folgeverfahren darüber, ob er für die Zeit der Weiterbeschäftigung wie ein normaler Arbeitnehmer auch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Feiertagsentlohnung beanspruchen darf.

Der klagende Arbeitnehmer siegte auch hier – aber nur in erster Instanz: LAG und BAG stellten dagegen die Prozessbeschäftigung einem normalen Arbeitsverhältnis nicht gleich.

Denn berechtigt nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz sind eben nur Arbeitnehmer. Der Kläger war in dem Schwebezeitraum aber kein Arbeitnehmer. Wie sich heraus gestellt hat, unterlag er der Verpflichtung zur weisungsgebundenen Tätigkeit nicht aus einem Vertrag. Diese erreichte er nur aufgrund der erstinstanzlichen Verurteilung. Hätten die Parteien durch einen Zwischenvergleich erst einmal eine Prozessbeschäftigung vereinbart, wäre der Fall wohl anders ausgegangen.

Arbeitnehmereigenschaft setzt vertragliche Vereinbarung voraus – das gilt auch bei Prozessbeschäftigung

Eine Alternative hätte auch in dem Vergleich bestanden, mit dem 2018 das Arbeitsverhältnis doch rückwirkend auf September 2015 beendet wurde. Es hätte den Parteien auch freigestanden, die Prozessbeschäftigung nachträglich, einem Arbeitsverhältnis gleichzustellen. Auch das taten sie nicht. Das war womöglich ein Fehler des Arbeitnehmervertreters.

So fiel durch den Vergleich das erstinstanzliche Urteil weg. Der Arbeitnehmer erhielt letztlich nur den Anspruch auf Vergütung für die Zeit, in der er tatsächlich gearbeitet hatte. Zeiten mit gesetzlichem Ausgleich des Lohnausfalls – bei Krankheit oder Feiertagen – brauchte der Arbeitgeber nicht zu vergüten.

 

 

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