Bei der Wohnraumkündigung hat der Vermieter besondere Begründungserfordernisse zu beachten. Der Mieter braucht keinen Grund bei der Kündigung. Der Vermieter dagegen kann das Mietverhältnis einseitig ohne einen Grund nicht beenden. Die Gründe sind bei der Vermieterkündigung anzugeben. Das ergibt sich aus § 573 Abs. 3 BGB.
Schludrigkeiten hierbei können zu großen wirtschaftlichen Nachteilen des Vermieters führen. So hat der Bundesgerichtshof (Urteil v. 27.9.2017 – VIII ZR 243/16 -) eine Kündigung wegen mangelnder wirtschaftlicher Verwertbarkeit u.a. deshalb nicht durchgehen lassen, weil der Vermieter eine Reihe von Gründen erst nach und nach weitgehend außerhalb seiner Wohnraumkündigung vorgebracht hat.
Die Kündigung enthielt als Begründung lediglich Schlagworte: Nämlich, dass die klagende Vermieterin durch Abriss und den geplanten Neubau höhere Pachteinnahmen erzielen wollte. Was die Vermieterseite zunächst unerwähnt gelassen hatte: Dass die Einnahmen aufgrund einer Erweiterung des von der Klägerin im ebenfalls abzureißenden Nachbargebäudes als GmbH & Co KG betriebenen Modegeschäfts gesteigert werden sollten.
Zudem hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass sogenannte Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB setzt einen erheblichen Nachteil beim Vermieter selbst voraussetzt. Es reicht nach dieser Klarstellung nicht, dass ein Nachteil bei einer mit der vermietenden Gesellschaft persönlich und wirtschaftlichen verbundenen „Schwestergesellschaft“ entsteht.
Die Klägerin hätte vielmehr zur Abwägung von Bestands- und Räumungsinteresse konkreteres vorbringen müssen: Inwiefern bei der gegenwärtigen Lage Nachteile für ihre persönliche wirtschaftliche Situation entstehen werden.
Chancen bei der Wohnraumkündigung durch mangelnde Begründung vertan
Daraus ergibt sich: Die Vermieterin hätte durchaus Chancen gehabt, eine Wohnraumkündigung durchzubringen. Wenn sie allerdings ihre Argumente falsch oder nicht in die Waagschale legt, ist es letztlich wenig überraschend, dass sie scheitert. Dann musste das Bestandsinteresse der Mieterseite hier vor den Augen des BGH überwiegen.
Daher ist die Entscheidung des BGH hier für alle Fälle einer Wohnraumkündigung von Belang.
Vorsicht auch bei Eigenbedarfskündigung
Ähnlich entschied das AG Düsseldorf (Urt. v. 07.08.2017, Az. 25 C 447/16) für eine Kündigung wegen Eigenbedarf. Hier waren die Eigenbedarfspersonen nicht vollständig benannt worden. Der BGH hält eine namentliche Nennung nicht für erforderlich. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. vom 30.04.2014, Az. VIII ZR 284/13) reicht es, wenn die Begünstigten der Kündigung identifizierbar benannt werden. Beim Fall des AG Düsseldorf hatte die Vermieterseite aber die Anzahl der Kinder mit dem jeweiligen Bedarfsgrund nicht näher bezeichnet. Nach Ansicht des Amtsgerichts hätte konkreter vorgetragen werden müssen. Es war nicht erkennbar, dass der Wohnbedarf auf bisherige Weise nicht mehr gedeckt werden kann. Zu den sogenannten Kerntatsachen gehört demnach zum Beispiel:
- Familienzuwachs, dadurch wird bisherige Wohnung zu klein
- Auszug von Familienangehörigen, bisherige Wohnung zu groß
- andere familiäre Gründe (Trennung / Scheidung)
- gesundheitliche Gründe (kein Treppensteigen mehr)
- berufliche Gründe
- Berufsausbildung in einer anderen Stadt
- Besuchsinteresse bei engen familiären Bindungen in der anderen Stadt (grenzwertig, wenn der Bedarf auch anderweitig gedeckt werden kann)
Wenn der Vermieter aber nicht für jede einzelne Person darlegt, wie sich der Bedarf genau äußert, ist die Kündigung formal zu dünn begründet. Der Vermieter läuft damit Gefahr, zu scheitern.
Empfehlung: Mehr als schlagwortartige Begründung bei der Wohnraumkündigung
Der Heppenheimer Fachanwalt für Mietrecht Alexander Dietrich warnt: Gibt der Vermieter nur pauschal oder schlagwortartig Kündigungsgründe an, hat er schlechte Karten. Argumente nachlegen kann er nur dann, wenn er diese in einer neuen vorsorglichen Wohnraumkündigung einarbeitet. Der Nachteil: Für diese läuft die jeweilige Kündigungsfrist dann wieder neu an.