Bei einer Stellenanzeige legt der Arbeitgeber vor allem die gewünschte Qualifikation der Bewerber fest. Ziel ist, dass sich möglichst nur solche Interessenten bewerben, die auf die Anzeige passen. Viele Unternehmen nutzen Stellenanzeigen aber auch zur Eigenwerbung und nicht nur zur Rekrutierung neuer Mitarbeiter.

Die Kehrseite der Medaille besteht in dem Risiko, dass abgelehnte Bewerber aus dem Gesichtspunkt der Diskriminierung hinterher Entschädigung nach § 21 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) verlangen. Die Bandbreite zwischen tatsächlich schutzwürdigen Personen und „AGG-Hopping“ ist groß. Hier verdienen sich rechtlich versierte Schein-Bewerber ein schönes Zubrot zum Lebensunterhalt. Denn begründete Entschädigungen betragen regelmäßig 2 Bruttomonatsgehälter.

Das Hessische Landesarbeitsgericht grenzt die vermeintlich großzügigen Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts mit seiner Entscheidung vom 28.05.2019 – Az. 15 Sa 116/19 – ein

 

Vorgaben des BAG zur Altersdiskriminierung in einer Stellenanzeige

Das Bundesarbeitsgericht hatte in 2016 verschiedene Stellenanzeigen mit Kriterien-Kombinationen Altersdiskriminierungen bejaht:

 

LAG Hessen lehnt Entschädigung bei solitärer Anforderung „Berufseinsteiger“ ab

Der Kläger im Verfahren vor dem Hessischen LAG ist ein seit 1996 zugelassener Rechtsanwalt. Er bewarb sich auf eine Stellenanzeige „Berufseinsteiger (m/w) im Recruiting“. Nach Ablehnung stützte er sein Entschädigungsverlangen vor allem auf letztgenannte Entscheidung des BAG und die Anforderung „Berufseinsteiger“.

Das Hessische Landesarbeitsgericht erteilte dem Entschädigungsverlangen eine Absage:

Es unterscheidet zwischen den Begriffen „Berufseinsteiger“ und „Berufsanfänger“. Mit LAG Nürnberg 27. November 2015 – 3 Sa 99/15 – Rz. 77 definiert es als Berufsanfänger jemand, der mit dem Berufsleben startet, also keinerlei Berufserfahrungen mit sich bringt. Eine Stellenanzeige mit Anforderung „Berufsanfänger“ knüpft also nach dem LAG ausreichend an das Alter als Einstellungskriterium an. Dieser Begriff kann also schon alleinstehend entschädigungspflichtig sein. Anders der „Berufseinsteiger“, der definitorisch kein „Berufsanfänger“ sei: Ein Berufseinsteiger ist gerade auch eine Person, die schon beruflich tätig war und sich nun für eine andere berufliche Richtung entscheidet. Somit ist für das LAG durch den Begriff „Berufseinsteiger“ für sich genommen noch keine ausreichende Anknüpfung gegeben.

In dem BAG – Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 809/14 sei die Verknüpfung dieses Begriffs zum Alter nur durch weitere zusätzliche Kriterien erfolgt:

Das LAG zitiert aus der BAG-Entscheidung: „Jedoch sind diese Begriffe….“ und „…. sowohl mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „Berufseinsteiger“ als auch mit der Anforderung „bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, sind diese Anforderungen geeignet….“ sowie „….allein wegen dieser Anforderungen von einer Bewerbung …….“. Der gewählte Plural verdeutliche die vorgenommene Zusammenschau von „Berufseinsteiger sowie bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“.

Auch die beiden anderen BAG-Entscheidungen verknüpften zwei Einstellungskriterien derart miteinander, dass erst dadurch die Stufe der entschädigungspflichtigen Alterdiskriminierung erreicht wird.

Semantische Unterschiede bei der Stellenanzeige bewirken Entschädigungspflicht

Der beklagte Arbeitgeber hatte hier durchaus Glück: Hätte er sich nur an „Berufsanfänger“ gewendet, wäre die Entschädigungspflicht vom LAG bestätigt worden. So kam ihm zugute, dass er sich an den weiteren Kreis der „Berufseinsteiger“ gewendet hatte, ohne weitere altersbezogene Kriterien zu verlangen. Rechtsanwalt Dietrich rät daher, sich den Inhalt von Stellenanzeigen auch in juristischer Hinsicht gut zu überlegen, um Risiken aus AGG-Entschädigung zu vermeiden.

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