Jetzt gilt auch bei Versorgung mit Strom: Vor allem bei öffentlichen Dienstleistungen können Verträge auch ohne ausdrückliche Willenserklärung zustande kommen. In Massengeschäften wie bei Stromversorgung oder beim ÖPNV bedarf es einer Anpassung des juristischen Konzepts von Angebot und Annahme. Das BGB unterstellt, dass Verträge nur bei vollständig übereinstimmenden Willenserklärungen zustande kommen.

Davon gibt es Abweichungen wie etwa beim Betreten einer U-Bahn: Hier wird dem Nutzer durch die bloße Handlung unterstellt, er nehme das öffentlich bereitgestellte Angebot zum Transport zum üblichen Preis an. Anders könnten Schwarzfahrer nicht zur Entrichtung des sogenannten erhöhten Beförderungsentgelts herangezogen werden.

Auch bei Versorgungsleistungen wie Strom, Gas, Wasser und Fernwärme gibt es eine sogenannte Realofferte: Nämlich die Entnahme, der einfach aus der Leitung über den installierten Zähler fließt. Wählt man dabei nicht einen bestimmten Versorger ausdrücklich aus, gilt der Grundversorger als Vertragspartner, § 2 Abs. 2 der Verordnungen über die Allgemeinen Bedingungen für die (Grund-)Versorgung mit Energie und Wasser (StromGVV, GasGVV, AVBWasserV, AVBFernwärmeV. Und das ohne einen direkten Kontakt. Denn der Grundversorger bietet den Strom an, und die Entnahme stellt die Annahme des realen Angebotes zu dessen Bedingungen dar.

Realofferte des Versorgers mit Strom richtet sich unabhängig der Eigentumsverhältnisse an den tatsächlichen Nutzer

Einfach ist es, wenn der Abnehmer gleichzeitig der Eigentümer der Wohnung ist.

Wie dieses Konzept zu vermieteten Wohnungen passt, ist durch den BGH nun höchstrichterlich in dem Urteil vom 27.11.2019 (Az.: VIII ZR 165/18) geklärt: Das klagende Versorgungsunternehmen hätte gern den Eigentümer in Anspruch genommen und nicht den Mieter. Denn der Eigentümer hat in der Regel schon über das Grundeigentum und eventuelle Mieteinnahmen die bessere Bonität. Damit scheiterte der Stromversorger aber durch alle Instanzen.

Empfänger der Realofferte ist derjenige, der die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt hat. Bei einer vermieteten Wohnung ist das typischerweise der Mieter. Denn dieser verfügt über die von ihm inne gehaltenen Räumlichkeiten. In diesen befinden sich regelmäßig auch die Versorgungsanschlüsse zur Entnahme. Die Grundversorgungspflicht endet nicht am Hausanschluss sondern dient der Versorgung jedes Letztverbrauchers.

Jedenfalls beim Strom zieht mit dem Berufungsgericht auch der BGH die gängige Praxis heran, dass der Haushaltsstrom nicht über den Umweg der Betriebskostenabrechnung dem Mieter belastet wird. Ob dann konsequenterweise eine andere Bewertung für Grundversorgungsfälle bei Heizenergie (Gas, Fernwärme) bzw. Wasser / Abwasser geboten ist, führt der BGH nicht aus. Dies war in der Entscheidung auch nicht erforderlich. Denn es ging in dem Fall nur um Versorgung mit Strom. Die Klage gegen den vermietenden Eigentümer war also nicht erfolgreich.

 

 

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