Die fiktive Berechnung von Schadensersatz ist darauf gerichtet, dass vorhandene Schäden nicht tatsächlich repariert werden. Vielmehr wird auf Basis von Gutachten oder Kostenvoranschlägen Wertersatz geleistet. Der schadensfreie Zustand muss durch die Zahlung nicht hergestellt werden. Nachteil der fiktiven Berechnung ist, dass der Nachweis des Anfallens der Mehrwertsteuer ohne Rechnung nicht geführt werden kann. Aber es kann gute Gründe geben, warum der Geschädigte die Zahlung lieber netto vereinnahmt, und damit nicht zwingend die konkret notwendige Reparatur durchführt. Der XII. Senat des BGH hat dies für Gewerberaum-Mietrecht kürzlich bestätigt (Urteil vom  31.03.2021 – Az. XII ZR 42/20).

Der für das Bau- und Werkvertragsrecht zuständige VII. Senat hatte eine fiktive Schadensberechnung abgelehnt (Urteil vom 22.02.2018, Az. VII ZR 46/17). Danach war fraglich, ob künftig in allen Rechtsgebieten eine Schadensberechnung immer auch den Nachweis erfordert, dass der ungeschädigte Zustand wiederhergestellt wird. Der XII. Senat des BGH erteilt dem eine Absage.

Im Fall hatte der Mieter sich vertraglich verpflichtet, einen Umbau der Mietsache auf eigene Kosten vorzunehmen. Der Mieter verpflichtete sich zu Isolier- und Versiegelungsarbeiten am Mietobjekt. Dadurch sollte zum einen die Voraussetzung für die Genehmigung zur geplanten Kunststoff-Produktion erreicht werden. Zum anderen sollte nach der ausdrücklichen  Vereinbarung auch eine Wertverbesserung des Gebäudes eintreten. Die Übernahme der Baukosten durch den Mieter war zusätzliche Gegenleistung zur Zahlung der Miete. Der Mieter entschied sich jedoch für eine anderweitige Nutzung. Die geschuldeten Bauarbeiten führte er nicht aus.

Nach rund 12 Jahren der Nutzung und Rückgabe klagte der Vermieter auf Herstellungskosten für die Wandverkleidung an der Giebelseite (2.269,40 €) sowie für die Bodenversiegelung (19.327,28 €), insgesamt 21.596,68 €. Die Arbeiten führte der Vermieter seinerseits nicht durch, da es ihm offenbar darauf ankam, die Zahlung anderweitig zu verwenden.

Verjährungsbeginn nach Rückgabe – kurze Frist des § 548 BGB

Das OLG Schleswig ließ den Anspruch des Vermieters an Verjährung scheitern. Es ging davon aus, dass die Bauarbeiten des Mieters anfänglich geschuldet waren und nach der abgelaufenen allgemeinen  3jährigen Verjährungsfrist nicht mehr geschuldet seien. Anders der BGH: Er folgert aus der ausdrücklich vereinbarten Wertverbesserung, dass der Mieter sich zu einem bestimmten Rückgabezustand verpflichtet habe:

Die als Gegenleistung zur Gebrauchsgewährung übernommenen Umbauarbeiten bezeichnen damit einen veränderten Zustand des Mietobjekts als bei dessen Rückgabe geschuldet, nämlich mit durchgeführter Isolierung, Wandverkleidung und Bodenversiegelung unter Berücksichtigung einer  nachfolgenden, vertragsgemäßen Abnutzung.“

Damit kommt es also auf den Rückgabezustand an. Ansprüche aus nicht vertragsgemäßem Rückgabezustand verjähren allerdings eben erst ab  Rückgabe, dann allerdings innerhalb von 6 Monaten. Die klagende Vermieterseite hatte diese Frist gewahrt.

Fiktive Abrechnung: Kein Reparaturnachweis erforderlich

Zusätzlich verneinte der BGH die Frage, ob es eines konkreten Reparaturnachweises bedurfte. Die Entscheidung des VII. Senats beruhe auf Besonderheiten des Werkvertragsrechts. Diese kämen im Mietrecht nicht zur Anwendung. Das war für das Gewerbemietrecht bereits zuvor Grundsatz der Rechtsprechung (Senatsurteile vom 12. März 2014 XII ZR 108/13 NJW 2014, 1444 Rn. 31 und vom 27. Juni 2018 XII ZR 79/17 NZM 2018, 717 Rn. 16 ff.).  Daraus folgt, dass im Mietrecht generell weiter eine fiktive Abrechnung von Schadensersatz wegen Verschlechterung der Mietsache – auch bei Schönheitsreparaturen – zulässig ist. Denn auch für Wohnraum ergibt sich insoweit keine Besonderheit, die Lage anders zu beurteilen.

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