Häufig versenden Hausverwalter lediglich eine Einladung zur WEG-Versammlung mit stichpunktartiger Auflistung der Tagesordnung. Die Vorbereitung auf die einzelnen Tagesordnungspunkte wird dadurch erschwert. Gravierende Verstöße können zur Anfechtbarkeit der Beschlussfassung führen. Dies bestätigt aktuell das zentral in Berufungssachen im Wohnungseigentumsrecht für Hessen zuständige Landgericht Frankfurt im Urteil vom 05.02.2020 (Az.: 2-13 S 65/19).
Wenn ein Eigentümer nur die Einladung zur WEG-Versammlung erhält, stellt sich die Frage, wie er sich auf die einzelnen Tagesordnungspunkte vorbereiten soll. Am Beispiel der turnusmäßig zu beschließenden Jahresabrechnung exerziert das LG Frankfurt die Entscheidung durch:
Die Einberufung zur Versammlung unterliegt einer Regelfrist von mindestens drei Wochen (§ 24 Abs. 4 S. 2 WEG Neufassung seit 01.12.2020, frühere Fassung: Zwei Wochen). Davon getrennt sieht das Landgericht aber die zeitliche Notwendigkeit, ergänzende Unterlagen vorzulegen.
Die Übersendung von Unterlagen zu einem vorgeschlagenen Beschluss ist erforderlich, wenn für die Beschlussfassung eine eingehende inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Unterlagen von wesentlicher Bedeutung ist. Für Abrechnungen und Wirtschaftspläne ist anerkannt, dass diese vor der Sitzung vorliegen müssen.
Solche Unterlagen müssen aber nicht mit oder vor der Einberufung vorgelegt werden. Sie können vielmehr auch nachgereicht werden. Wann die Vorlage noch rechtzeitig ist, hängt vom Einzelfall ab. Maßgeblich ist der Entscheidungsgegenstand, der Umfang der Prüfung, und ob der Eigentümer noch ausreichend Zeit hat, sich damit zu befassen.
Nachreichung der Jahresabrechnung 8 Tage vor der WEG-Versammlung kann ausreichen
Das Landgericht hat für den Fall einer Jahresabrechnung 8 Tage ausreichen lassen. Dafür sprach, dass es nur überschaubar wenige Seiten zu prüfender Inhalt war. Mit der Einladung wurde bereits angekündigt, dass diese noch nachgereicht werden würde. Außerdem lag zwischen dem Erhalt und der Versammlung ein Wochenende. Deshalb mutete das Landgericht dem Eigentümer durchaus zu, sich noch ausreichend damit befassen zu können.
Das Landgericht entnahm aus der Nachreichung der Abrechnung keinen Anfechtungs- oder gar Nichtigkeitsgrund.
Die Abrechnung war aber im Punkt der Instandhaltungsrücklage (nach neuem WEG: Erhaltungsrücklage) anfechtbar. Die Darstellung der Entwicklung der Rücklage in der Abrechnung soll den Wohnungseigentümern ermöglichen, die Vermögenslage ihrer Gemeinschaft zu erkennen und die Jahresabrechnung auf Plausibilität zu überprüfen. Mindesterfordernis ist daher die Angabe des Anfangs- und Endstands in der Jahresabrechnung. Die Abrechnung wird plausibel, wenn der Anfangsstand der aktuellen Abrechnung mit dem Endstand der letzten Abrechnung identisch ist. Wird hierzu nichts angegeben, ist die Abrechnung nicht prüffähig. Sie wird auf Anfechtung aufgehoben.
Wohnungseigentümer sollten hier allerdings bei ihrem Anfechtungsantrag aufpassen: Sollten sie sich nur gegen einen Punkt der Jahresabrechnung wenden, kann die Abrechnung im Übrigen bestehen bleiben. Das sollte aus dem Antrag zu erkennen sein. Denn wendet man sich mit einem Globalantrag gegen die ganze Abrechnung, schüttet man das Kind gleich mit dem Bad aus. Dann gewinnt der Anfechtungskläger nur teilweise in dem Ausmaß seiner konkreten Beanstandung. Im Fall unterlag er deshalb zu 85 %, obwohl die Abrechnung der Verwaltung durchaus teilweise unzureichend war.