Dass eine Beleidigung des vorgesetzten Geschäftsführers einen Grund zur verhaltensbedingten Kündigung abgeben kann, ist nicht weiter überraschend. In groben Fällen ist die Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung wirksam. Für eine fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers muss eine so schwere Verfehlung vorliegen, dass dem Arbeitgeber noch nicht einmal zugemutet werden kann, den Ablauf der Kündigungsfrist der ordentlichen Kündigung abzuwarten.

Das LAG Schleswig-Holstein (Az. 3 Sa 244/16) hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Gas- und Wasserinstallateur – Geselle seine Firma als „soziale Arschlöcher“ und den Vater des Geschäftsführers als „Arsch“ bezeichnet hatte.

Die reine Wortwahl sprach hier selbstverständlich gegen den Arbeitnehmer. Er führte vor allem seine über 20 Jahre dauernde Beschäftigung  für sich ins Feld. Auch sein Hinweis auf ein provokatives Gespräch vom Vortag war vergeblich.

Auch bei einer an sich glasklaren Verfehlung bei einem Streitgespräch können die Umstände des Einzelfalls dagegen sprechen, eine fristlose Kündigung durchgehen zu lassen. So entlastet den Arbeitnehmer gelegentlich, dass er in einer Branche arbeitet, in der mit einem raueren Ton zu rechnen ist, wie z.B. am Bau. Auch eine vorangegangene Provokation der Gegenseite mag den Arbeitnehmer zu einem entschuldbaren sogenannten „Augenblicksversagen“ hinreißen.

Das machte das LAG aber hier nicht mit: Die Wortwahl war derart deftig, dass sie nicht ansatzweise mit „üblichem Umgangston“ gerechtfertigt werden konnte. Der Konflikt zog sich zudem über zwei Tage hin: Zum Feierabend des Vorabends wurde der Arbeitnehmer – nach seiner Darstellung – provoziert. Der Seniorchef hatte sarkastische Anspielungen auf seinen früheren Beruf geäußert. Der Streit kochte allerdings am Folgetag erneut hoch. Der Arbeitnehmer wollte dies nicht auf sich sitzen lassen. Im Verlauf des Gesprächs sagte er: „Dann kündigt mich doch“. Der Geschäftsführer weigerte sich mit den Worten: „Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen.“ Unstreitig erwiderte der Arbeitnehmer darauf, dass die Firma das sowieso schon sei. Damit machte der Arbeitnehmer sich den Begriff „soziale Arschlöcher“ zu eigen. Zuvor hatte er schon gesagt, dass der Seniorchef sich am Vorabend wie ein „Arsch“ verhalten habe.

Weil zwischen den Vorfällen mehrere Stunden Zeit lagen, folgte das Landesarbeitsgericht insbesondere der Argumentation eines Augenblicksversagens nicht. Die Ausfälligkeiten am Folgetag seien keineswegs spontan auf eine Provokation erfolgt.

Umgehende Entschuldigung nach Beleidigung kann vor fristloser Kündigung schützen

Aus der Entscheidung ist erkennbar, dass der Arbeitnehmer sich womöglich trotzdem noch hätte retten können: Der Arbeitgeber wartete nämlich bis zum Ausspruch der Kündigung noch 3 Tage ab. Nach unwidersprochener Darstellung wartete er auf eine Entschuldigung des langjährigen Mitarbeiters. Die fehlte aber bis in die zweite Instanz hinein.

Dadurch standen die groben Beleidigungen weiter im Raum. Deshalb sei es – so das LAG – dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, die wegen der langjährigen Beschäftigung siebenmonatige Kündigungsfrist abzuwarten.

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