Fehlende Fälligkeit des Anspruchs kann bei verschiedenen Verträgen eine Verjährungsfalle für den Schuldner bedeuten. Ist der Anspruch nicht fällig, kann der Gläubiger auch noch nach Jahren mit seinem Anspruch daher kommen. Denn: Ein Anspruch kann nicht verjähren, wenn er nicht fällig ist. Diese in § 199 BGB niedergelegte Binsenweisheit kann überraschende Folgen haben. Danach beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Anspruchsentstehung heißt aber nun mal: Der Anspruch muss fällig sein.
Wird ein Anspruch kraft Gesetzes fällig, ist es einfach. Denn hängt der Anspruch aber von zusätzlichen Fälligkeitsvoraussetzungen ab, ist die Fälligkeit und damit auch die Verjährung auf unabsehbare Zeit verschoben, solange diese noch nicht alle gegeben sind.
Beispiele dafür sind die Abnahme im Bau- oder Werkvertragsrecht. Oder auch – wie vom BGH in der Entscheidung AZ. VIII ZR 224/18 vom 17.07.2019 jüngst noch einmal entschieden – das Recht der Stromgrundversorgung:
Hier gilt § 17 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung – kurz StromGVV).
Demnach werden Rechnungen zu dem vom Grundversorger angegebenem Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig. Lässt sich der Versorger damit Zeit, hat er jedenfalls laug BGH kein Verjährungsrisiko. Darauf stellt der BGH im Gegensatz zu Vorinstanz LG Flensburg ab: Die Verpflichtung in § 40 Abs. 4 Energiewirtschaftsgesetz (kurz EnWG) zu jährlicher Abrechnung ist nicht wie z.B. im Mietrecht bei Betriebskosten mit einer Ausschlusswirkung verbunden. Der Gesetzeszweck läuft damit nicht leer, denn der Versorger riskiert immerhin Sanktionen durch die Aufsichtsbehörde oder auch weitergehende Schadensersatzansprüche des Letztverbrauchers. Der BGH nimmt dem Verbraucher aber den Einwand der Verjährung. Auch mit Hinweis, dass der Versorger sich bei verspäteter Nachforderung selbst ins eigene Fleisch schneidet, weil er seinen Geldanspruch ebenfalls bis zur Rechnungsstellung nicht durchsetzen kann. Verzugszinsen können so lange nicht auflaufen. Daher werden sich die verspätete Rechnungsstellung auf Einzelfälle beschränken.
Fälligkeit bei Grundversorgung auch noch nach Jahren möglich
Trotzdem können sich Verbraucher im Bereich der Grundversorgung nicht durch bloßen Zeitablauf darauf einstellen, dass nichts mehr nachkommt. Diesem Risiko kann der Letztverbraucher sich wohl nur durch einen Anbieterwechsel entziehen. Denn § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV gilt nur für die Grundversorgung. Bei Bezug von einem anderen Anbieter gilt diese Verordnung erst einmal nicht – oder nur durch Einbeziehung in Allgemeinen Vertragsbedingungen. Ob diese Einbeziehung hält ist der BGH-Entscheidung nicht zu entnehmen.