Mit der Vornahme von Mietminderung können Mieter sich leicht rechtlich zu weit aus dem Fenster lehnen. Sie riskieren die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, auch wenn sie nur wenig über die Grenzwerte hinaus gegangen sind.

Das zeigt anschaulich der aktuelle Fall des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 193/16). Im Fall hatte die Mieterin die Miete wegen abgenutzten Teppichs (15 %) und angeblicher Geruchsbelästigungen einer Nachbarpartei (20 %) zunächst um 35 % gemindert. Im Verlaufe des Verfahrens stellte sich allerdings heraus, dass sie nur wegen des Teppichs mindern durfte. Das Ausmaß der berechtigten Minderung belief sich nur auf 5 %.

Einen Tag vor Zugang der Kündigung zahlte sie allerdings einen erheblichen Teil der zuvor einbehaltenen Beträge nach. Es verblieb zu diesem Zeitpunkt nur noch ein unberechtigter Rückstand von 101,00 €. Bei einer vereinbarten Gesamtmiete von 479,96 € auf den ersten Blick zu wenig, um aus Vermietersicht kündigen zu können.

Der BGH entschied dagegen: Vor der Nachzahlung der Mieterin lag nämlich für die Monate Februar und März 2015  bis dahin ein Rückstand von 503,96 € vor. Dieser Rückstand überstieg die Gesamtmiete von 479,96 €.

Bereits seit den 1970er Jahren ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein einmal entstandenes Kündigungsrecht vor Zugang der Kündigung nur dann wegfallen kann, wenn der gesamte bis dahin aufgelaufene Rückstand vollständig ausgeglichen wird. Im Falle der fristlosen Kündigung kann der Mieter sogar noch innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Räumungsklage eine sogenannte Schonfristzahlung vornehmen, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Dann fällt die Kündigung immerhin nachträglich weg. Auch hier ist vollständige Zahlung Voraussetzung.

Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass der Grenzwert für die Kündigungsberechtigung sich aus der vereinbarten – also ungeminderten – Miete ermittelt. Dh. es braucht

  • für § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) einen Betrag von mehr als einer Gesamtmiete, wenn der Rückstand aus zwei aufeinander folgenden Monaten aufgelaufen ist (eine Monatsmiete plus 1 Cent) oder
  • für § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) zwei Monatsmieten oder mehr aus mehr als zwei Mietmonaten.

In diesem Fall kam es darauf allerdings nicht an, denn der Rückstand aus zwei aufeinander folgenden Monaten von Rückstand von 503,96 € überstieg sowohl die berechtigt auf 95 % geminderte Miete von 455,96 € wie auch die vereinbarte Miete von 479,96 €.

Großes Risiko bei vorschneller Mietminderung

Der vorsichtige Mieter meldet somit besser zunächst einmal die Mängel und zahlt die Miete zunächst einmal unter Vorbehalt der Rückforderung. Wenn das Mietverhältnis ohnehin beendet wird, kann dann nachträglich gegen neuerliche Mieten aufgerechnet werden. Hier mag allenfalls Verjährung oder Verwirkung zu beachten sein. Der Wert eines sofortigen Einbehaltes sollte dagegen eine Monatsmiete nicht übersteigen. Wird später im schlechtesten Fall entschieden, dass die Mietminderung unberechtigt war, kann immerhin nur auf Zahlung geklagt, aber eben nicht gekündigt werden.

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