Die Last-Minute-Zustellung ist glücklicherweise nicht juristisches Tagesgeschäft. Was aber, wenn noch am letzten Tag der Frist eine Zustellung erfolgen soll ?
Das LG Krefeld (Urt. v. 21,09,20222 – Az. 2 S 27/21) hat hierzu entschieden, dass es nicht ausreicht, abends um 22.30 Uhr einen Einwurf in den Briefkasten zu machen und dem Empfänger über die Haussprechanlage eine Mitteilung über den Einwurf zu machen.
Der Einwurf der Kündigungserklärung erfolgte am 04.02.2020 um 22:30 Uhr in den Briefkasten der Wohnung des Empfängers. Das war zwischen den Parteien unstreitig. Dadurch ist die Willenserklärung in den Machtbereich des beklagten Vermieters verbracht worden. Nach § 130 BGB kommt es aber auch darauf an, wann nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit der Kenntnisnahme von der Erklärung durch Leerung des Briefkastens durch den Empfänger zu rechnen ist. Nach üblichen Verhältnissen kann eine Briefkastenleerung um 22.30 Uhr nicht erwartet werden. Aufgrund der Privatisierung der Postdienste wird allgemein mit einer Stichzeit um 18 Uhr gerechnet. Alles was danach eingeworfen wird, geht erst am nächsten Tag zu.
Mündliche Ankündigung ändert an Zeitnot nichts
Daran änderte im Fall auch die mündliche Ankündigung nichts, dass die Kündigung im Briefkasten liegt. Denn eine mündliche Erklärung wäre als Kündigung wegen Verstoßes gegen das Schriftformgebot unwirksam. Und durch die Ankündigung musste sich nach Auffassung des Landgerichts der Empfänger auch nicht zum Briefkasten begeben, um zur Unzeit doch noch die Kündigung herauszuholen.
Das LG betont das Recht, sich „zur Nachtzeit der Zurkenntnisnahme des Inhalts rechtserheblicher geschäftlicher Erklärungen zu entziehen“. Es verweist auf die Auffassung zu Erklärungen per SMS. Diese sollen selbst dann erst als am nächsten Tag zugegangen sein, wenn der Empfänger einer SMS in der Regel durch einen Hinweiston auf den Eingang einer Nachricht in seinen Machtbereich aufmerksam gemacht wird. Im zu entscheidenden Fall, hatte der Kläger den Beklagten durch das Klingeln über den Einwurf informiert. Der Empfänger hätte zur Kenntnisnahme der eigentlichen Erklärung seine Wohnung erst verlassen müssen. Er hätte verglichen mit dem bloßen Öffnen einer SMS sogar Mehraufwand vornehmen müssen. Wenn aber schon die inhaltliche Kenntnisnahme einer SMS nicht mehr zu erwarten sei, sei das dies erst Recht für die in einen Wohnungsbriefkasten eingeworfenen Erklärung anzunehmen.
Das Ergebnis: Die Kündigung ging um einen Tag verspätet ein. Das Mietverhältnis endete einen Monat später. Der Mieter musste aufgrund eines vermeidbaren Versäumnisses gut 1.100 Euro Miete mehr bezahlen.
Risiko Last-Minute-Zustellung – Strategien
Die Entscheidung zeigt, dass die Zustellung am Abend oder gar in der Nacht ein großes Risiko nach sich zieht. Wenn der Erklärende sich schon mit einer Last-Minute-Zustellung in die Bredoullie der Zeitnot gebracht hat, hätte er versuchen sollen, die Erklärung ausnahmsweise nicht in den Briefkasten zu werfen. Vielmehr wäre eine persönliche Aushändigung an der Wohnungstür unter Zeugen vorzugswürdig gewesen. Ob es um diese Uhrzeit ausreicht, die Erklärung unter der Wohnungseingangstür durchzuschieben, wenn der Empfänger nicht öffnet, hat das Landgericht nicht zu entscheiden gehabt. Es wäre wohl den Versuch wert gewesen, zumal wenn man wenigstens durch Zeugen beweisen kann, dass der Empfänger zur fraglichen Zeit jedenfalls zu Hause war. Dann hätte er sich jedenfalls nicht aus der Wohnung zum Briefkasten begeben müssen, was dem Landgericht ja schon zu viel war.