Befristung ist bei Vorbeschäftigung nur noch in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen denkbar. Das bestätigt nun auch das Bundesarbeitsgericht in einer erneuten Rechtsprechungsänderung.
Das BAG hat sich im Recht der Befristung um fast 360 Grad gedreht: Zunächst wurde über lange Zeit in der Rechtsprechung der eindeutige Gesetzeswortlaut angewendet. Danach ist eine sachgrundlose Befristung nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer bereits „zuvor“ bei dem Unternehmen tätig war.
Das BAG versuchte dann eine arbeitgeberfreundliche Linie: Entsprechend dem allgemeinen Verjährungsrecht sollte eine Vorbeschäftigung nicht mehr schädlich sein, wenn sie mehr als 3 Jahre zurück lag. Diese Auslegung des Gesetzes wurde danach vielfach kritisiert. U.a. auch 2017 durch das LAG Baden-Württemberg – vgl. https://kanzlei-sd.de/zuvor-befristung-auf-dem-pruefstand/ .
Das BAG fand auch vor dem Bundesverfassungsgericht keine Billigung: Mit Beschluss vom 06.06.2018 (1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) stellte das BVerfG fest: Die arbeitgeberfreundliche Auslegung des Gesetzes geht zu weit und ist verfassungswidrig.
Nun hat das BAG (Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16) erneut entschieden. Wenig überraschend wurde die vorherige Rechtsprechung unter den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aufgegeben.
Eng begrenzte Ausnahmefälle bei Befristung trotz Vorbeschäftigung
Ein winzig kleines Hintertürchen lässt das BAG allerdings noch, aber nur für extreme Ausnahmefälle:
- Es reicht nicht, dass die Vorbeschäftigung „lang“ zurück liegt – sie muss „sehr lang“ zurück liegen. Im Fall waren es mehr als acht Jahre – das soll laut BAG nicht mehr ausreichen.
- Es reicht auch nicht, wenn die Vorbeschäftigung „anders“ war – sie muss „ganz anders“ sein. Im Fall waren die Beschäftigungsverhältnisse weitgehend ähnlich. Was „ganz anders“ im Vergleich zu „anders“ ist, hat das BAG nicht näher definiert, sondern der Instanzrechtsprechung überlassen.
- Es soll auch für einen Ausnahmefall sprechen, wenn das vorherige Beschäftigungsverhältnis von „sehr kurzer Dauer“ gewesen ist. Auch sind die Abgrenzungsprobleme nicht abschließend gelöst.
Auswege aus der Vorbeschäftigungsproblematik sind also noch vorhanden. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mussten diese allerdings komplizierter und steiniger werden. Sicherheitshalber sollte man daher weiterhin die Vorbeschäftigung eingehend prüfen.
Im Zweifelsfall werden Arbeitgeber in Zeiten des Fachkräftemangels lieber auf die Befristung verzichten und sich mit einer Probezeit begnügen.