Unter Juristen war lange Zeit umstritten, wann eine Wohnung auch zu Geschäftszwecken freigekündigt werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat Leitlinien dazu aufgestellt, wann eine Vermieterkündigung wegen Geschäftsbedarf wirksam sein kann. Diese sind den beiden Entscheidungen vom 29.03.2017 (Az. VIII ZR 44/16 und Az. VIII ZR 45/16) zu entnehmen.

Zur Erinnerung: Die Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) erfordert, dass der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder nahe Angehörige zu Wohnzwecken benötigt.

Der BGH rechnet die Kündigung wegen Geschäftsbedarf hier nicht hinzu. Die Nutzung zu (frei-) beruflichen oder gewerblichen Zwecken ist aufgrund des klaren Wortlauts „Wohnzwecke“ dort nicht geregelt.

Damit ist die Prüfung allerdings nicht zu Ende.

Die voran geschaltete Generalklausel lässt eine Kündigung bei einem „berechtigten Interesse“ des Vermieters zu.

Zunehmende Darlegungslast bei zunehmender Eigennutzung zu Geschäftszwecken

Der BGH wägt hier ab.

Bei der Eigenbedarfskündigung (reine Wohnzwecke) bedarf es bei der Interessenabwägung keiner weiteren Nachteile, die der Vermieter erleidet, wenn er die Wohnung nicht für sich beanspruchen darf.

Anders aber bei der sogenannten Verwertungskündigung (z.B. Abriss oder Entkernung): Hier muss der Vermieter zusätzlich zum eigentlichen Kündigungsgrund „erhebliche Nachteile“ vorbringen, die er bei Unwirksamkeit der Kündigung erleidet.

Bei der Kündigung zu Geschäftszwecken können zwei Fälle eintreten:

Will der Vermieter nicht nur zu Geschäftszwecken kündigen, sondern auch dort wohnen, liegt eine Mischnutzung vor. Dann muss er nur einen „beachtenswerten“ Nachteil vorbringen, der sich in der Regel aus der eigentlichen Kündigung als Indiz ergibt.

Will er dagegen ausschließlich arbeiten aber nicht wohnen, muss er einen „Nachteil von einigem Gewicht“ in die Waagschale werfen. Das soll der Fall sein, wenn die geschäftliche Tätigkeit sonst nicht rentabel wäre oder der Vermieter aus persönlichen Gründen Arbeit und Wohnen im gleichen Objekt miteinander verbinden will (gesundheitliche Einschränkungen oder Behinderungen; Betreuungsbedarf für nahe Angehörige)

 

Das System des BGH sieht also mit zunehmender Darlegungslast zu Lasten des Vermieters so aus:

 

EigenbedarfGemischte Nutzunggewerbliche NutzungVerwertungskündigung
Nutzung nur zu Wohnzwecken für sich oder nahe AngehörigeNutzung zu Wohnzwecken und zu gewerblichen / beruflichen ZweckenNutzung nur zu zu gewerblichen / beruflichen ZweckenAnderweitige Verwertung ohne jede Eigennutzung
Keine weitere Darlegungslast für NachteileDarlegung „beachtenswerter“ Nachteil„Nachteil von einigem Gewicht“Darlegung „erhebliche Nachteile“

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