Die Vortäuschung eines Kündigungsgrundes berechtigt zum Schadensersatz. Der BGH bekräftigt das in einer neuen Entscheidung (Urteil vom 27. März 2017 – VIII ZR 44/16). Lügt der Vermieter beim Eigenbedarf, kann das später für ihn teuer werden.

Der BGH unterstreicht, dass auch ein Räumungsvergleich nach Ausspruch einer Kündigung daran nichts ändert. Schon deshalb hatte er mit Urteil vom 10. Juni 2015 (VIII ZR 99/14) den Rechtsstreit an das Landgericht Koblenz zurück verwiesen.

Das Landgericht hatte im zweiten Berufungsurteil die Schadensersatzansprüche in Höhe von gut 25.000 € erneut verworfen. Der Vermieter habe eine taugliche Eigenbedarfsbegründung abgegeben und auch plausibel begründet, warum der Eigenbedarf sich schlussendlich doch nicht realisiert habe.

Dem folgte der BGH erneut nicht und verwies nun an eine weitere Kammer des Landgericht zurück. Das LG Koblenz muss sich nun zum dritten Mal mit dem Rechtsstreit befassen, der schon in 2013 beim Amtsgericht Koblenz begonnen hatte (Urteil vom 6. November 2013 – 161 C 1145/13) und auf einen Räumungsvergleich aus dem Jahr 2011 (!) zurück geht.

Der Grund: Der BGH hielt die Begründung des Vermieters, warum der Eigenbedarf nachträglich wieder weggefallen sei, nicht für stimmig.

Der Vermieter hatte angegeben, die gekündigte Wohnung im 3. Stock als Hausmeisterwohnung zu benötigen. Der neue Hausmeister habe ihn im November 2011 informiert, dass er u.a. wegen Kniebeschwerden nicht in die Wohnung im 3. Stock einziehen werde.

Darlegungslast beim Vermieter

Der BGH hätte erwartet, dass der Vermieter jedenfalls gleich nach dem Räumungsvergleich im Juni 2011 einen Mietvertrag über die künftige Hausmeisterwohnung abschließen würde. Warum es erst Monate dauerte, dass der Hausmeister Anfang November 2011 mitgeteilt haben soll, dass er nicht einzieht, obwohl die Kniebeschwerden schon länger gedauert haben sollen, erläuterte der Vermieter nicht. Weil dem BGH das Vorbringen nicht nachvollziehbar erschien, ließ er den Vortrag des darlegungspflichten Vermieters nicht ausreichen.

Denn gerade, wenn der angegebene Eigenbedarf sich nicht realisiert, ergibt sich daraus eine besondere Darlegungslast zu Lasten des Vermieters. Denn wenn der angegebene Kündigungsgrund der Selbstnutzung erst gar nicht umgesetzt wird, setzt sich der Vermieter dem Verdacht aus, dass eine Vortäuschung von Eigenbedarf vorgelegen hat.

Damit setzt sich die Rechtsprechung des BGH fort, dass Lügen bei der Angabe von Kündigungsgründen als Verletzung des Vertragsverhältnisses schadensersatzpflichtig machen kann (so schon Az. VIII ZR 300/15).

Ursachen und Rechtsfolgen der Vortäuschung

Als Fallgruppen zur Auslösung von Schadensersatz kommen folgende Situationen in Betracht:

  • Ausspruch einer Kündigung mit vorgetäuschten Gründen des Eigenbedarfs
  • Nachträglicher Wegfall des Kündigungsgrundes während der Kündigungsfrist und Verletzung der Informations- und Anbietpflicht
  • Abschluss eines Räumungsvergleiches unter Vortäuschung angeblich berechtigten Anlasses

Der Mieter kann verschiedene Schäden ersetzt verlangen, sofern diese auf der rechtswidrigen Handlung des Vermieters beruhen:

  • Rechtsverfolgungskosten für vermeintlich berechtigt verlorenen Räumungsprozess oder -vergleich
  • Fahrtkosten für kündigungsbedingt verlängerte Fahrtstrecke
  • vorzeitige Renovierungskosten in der alten und der neuen Wohnung
  • Nutzlos gewordene Aufwendungen für die bisherige Wohnung – sofern diese nicht aufgrund Zeitablaufs „abgewohnt“ sind
  • Maklerkosten (nunmehr aber seltener bei Nachfolgeanmietung, und regelmäßig nicht bei Ersatzkauf infolge der Kündigung)
  • Ersatz der höheren Miete bei Ersatzwohnung (Vergleichbarkeit der neuen Wohnung muss eingerechnet werden; umstritten ist die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Zeitdauer, die Bandbreite der Deckelung liegt zwischen 3 und 5 Jahren)

Sollte die rechtsmissbräuchlich geräumte Wohnung noch oder wieder frei sein, kann auch erneute Überlassung verlangt werden. Das kann die Mieterseite auch beschleunigt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen. Die Wiedervermietung durch den Vermieter kann so zum Beispiel verhindert werden, wenn der Vermieter in die Vermarktung einsteigt und der Mieter sich notgedrungen mit einer schlechten Interimswohnung zufrieden geben musste.

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