Mietstreitigkeiten entstehen häufig auch bei Einwirkungen auf die Mietsache in Form von Lärm. Ursache können z.B. Nachbarn, Sport- und Spielanlagen, Straßenverkehr oder Bautätigkeit sein. Wird wegen des Lärms Miete einbehalten, kann der Streit bis hin zur verzugsbedingten Kündigung eskalieren. Das ist dann der Fall, wenn die einbehaltene Miete die Grenzen der §§ 543, 569 BGB übersteigt.
So auch im Fall des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21.02.2017, Az. VIII ZR 1/16): Der Mieter lebte in einem Mehrfamilienhaus aus den 1950er Jahren. Er beanstandete wiederholt Lärm in Form von lauten Klopfgeräuschen, festem Getrampel, Möbelrücken, usw.). Der Vermieter kündigte fristlos, nachdem der Rückstand mit 861,98 € ein Ausmaß erreicht hatte, das rechnerisch zur Kündigung berechtigte.
In den ersten beiden Instanzen unterlag der Mieter weitgehend. Die Beendigung des Mietvertrags wurde als wirksam angesehen – allerdings nur durch ordentliche Kündigung und mit Zubilligung einer Räumungsfrist. Der Mieter wurde auch zur Zahlung verurteilt.
Der BGH ließ das Urteil nicht stehen, da es die Beweisaufnahme als nicht ausreichend durchgeführt beanstandete. Denn das Landgericht hatte nur eine Mangelursache durch Zeugenbeweis bearbeitet – nämlich ob unangemessenes Wohnverhalten vorliegt. Der Mieter hatte allerdings auch Sachverständigenbeweis angeboten, den das Landgericht nicht eingeholt hatte. Auch wenn noch angemessenes Wohnverhalten vorliegt, kann das im Zusammenspiel mit unzureichendem baulichen Schallschutz trotzdem zu einem Mangel führen.
Diese Ursache muss der Mieter nicht ausdrücklich vortragen. Es reicht nach der Entscheidung des BGH aus, wenn er Mangelsymptome vorträgt: Damit ist als Vorbringen nur noch erforderlich:
- Welche Art von Beeinträchtigung liegt vor ?
- Zu welchen Tageszeiten tritt diese auf ?
- Über welche Zeitdauer tritt diese auf ?
- In welcher Häufigkeit tritt diese auf ?
Im Bestreitensfall muss darüber dann Beweis erhoben werden.
Protokoll über Lärm nicht mehr zwingend notwendig
Ein schriftliches Lärmprotokoll ist nicht erforderlich (so schon BGH vom 20.06.2017, VIII ZR 268/11). Der Mieter muss zu den Ursachen der Beeinträchtigung nichts vortragen; ebenso muss nichts zu dem Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung oder gar zur Höhe der Minderung vorgebracht werden. Die Mietminderung tritt nämlich – wenn ein Mangel gegeben ist – von allein kraft Gesetzes ein.
Dem mag dann allenfalls dadurch begegnet werden, dass
- der Vortrag zum Mangel als solcher bestritten wird
- der Mieter den Mangel nicht anzeigt, sodass der Vermieter keine Gelegenheit zur Abhilfe hat
- der Mieter ggf. vorbehaltlos in Kenntnis des Mangels ungemindert weiterzahlt oder sogar den Mangel schon bei Anmietung kannte oder kennen musste (Beispiel: bekannte Pläne vom Ausbau eines Flughafens oder erkennbare Baulücke)
Im Ergebnis hat die Entscheidung allerdings die Mieterposition enorm gestärkt. Denn die Gerichte bisher häufig detaillierte Lärmprotokolle und auch Vortrag zu Ursachen und Höhe der Minderung abverlangt.