Auch beim Hausgeld in Wohnungseigentumsgemeinschaften stellt sich die Frage: Wie kann die Forderung schnell und einfach beigetrieben werden ? Eine Möglichkeit stellt das gerichtliche Mahnverfahren dar. Eine Alternative dazu ist der Urkundsprozess. Dabei sind die beide Parteien in den Möglichkeiten eingeschränkt, Beweismittel vorzulegen. Denn das Verfahren wird – soweit der Sachverhalt streitig ist – nur auf Basis von Urkunden betrieben. Das Landgericht Frankfurt hat als das für Hessen für Wohnungseigentum zuständige Berufungsgericht entschieden: Der Urkundsprozess stellt beim Hausgeld ein zulässiges Verfahren dar.

Das AG Hanau hatte in dem Beschluss vom 18. Oktober 2019 / Az. 94 C 181/19 (94) noch anders entschieden. Ursprünglich klagte die WEG im Urkundsverfahren gestützt auf beschlossene Wirtschaftspläne. Erst nach Klageerhebung hatte der Beklagte gezahlt. Dadurch war Erledigung der Hauptsache eingetreten. Es blieb aber noch offen, wer die Kosten des Verfahrens tragen musste. Das Amtsgericht Hanau meinte, dass die WEG für die Kosten haften muss, weil das Urkundsverfahren unstatthaft sei. Dem tritt das Landgericht Frankfurt in der Entscheidung vom 11.12.2019 (Az. 2-13 T 106/19) entgegen.

Landgericht Frankfurt kehrt erste Instanz um

Es stellt in den Leitsätzen nicht nur fest, dass Hausgeldansprüche im Urkundenprozess geltend gemacht werden können. Darüber hinaus komme dem Versammlungsprotokoll eine Indizwirkung dafür zu, dass die dort ersichtlichen Beschlüsse genau so beschlossen worden sind, wie sie im Protokoll niedergelegt wurden.

Im Einzelnen begründet das Landgericht die Entscheidung so: Der Urkundenbegriff in § 592 ZPO meine alle schriftlichen Beweisstücke im weiteren Sinn. Es sei nicht notwendig, dass die Urkunde das anspruchsbegründende Rechtsverhältnis selbst verbriefe. Es reicht aus, wenn die Urkunde dem Gericht ermöglicht wenigstens mittelbar (also durch Indiztatsachen) den Beweis zu erbringen.

Das Versammlungsprotokoll sei eine Privaturkunde. Diese habe die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Das LG weist darauf hin: Ersatzweise kann die WEG auch einen Auszug aus der Beschlusssammlung vorlegen. Diese hat sogar teilweise Grundbuchfunktion, also tragt auch die Beschlusssammlung eine Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich.

Die Vermutung kann zwar durchaus widerlegt werden. Im Urkundsprozess geht das aber eben seinerseits auch nur mit Urkunden. Will der Beklagte mit Zeugen oder Sachverständigenbeweis kontern, geht das nur in einem separaten Nachverfahren.

Hausgeld – Beitreibung mit schnellem Titel möglich

Vorteil für die WEG: Sie hat im Urkundenprozess schnell einen vollstreckbaren Titel. Dadurch kann bei Schuldnern, deren Zahlungsfähigkeit auf der Kippe steht, das Hausgeld erst einmal beigetrieben werden. Ob das Nachverfahren durch den Beklagten überhaupt geführt und dann gewonnen wird, kann abgewartet werden.

Zu beachten ist: Der LG-Beschluss ist zwar rechtskräftig. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Das war aber nur aus formalen Gründen der Fall. Der Grund: Im Verfahren um die Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache (§ 91a ZPO) soll die Rechtsbeschwerde nicht zur Klärung von materiellen Fragen dienen. Die materielle Frage – ist der Urkundsprozess statthaft oder nicht – bleibt streitig. Es kann daher weiter durchaus sein, dass in einem anderen Verfahren eine höchstrichterliche Klärung über den Bundesgerichtshof herbeigeführt wird.

 

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